Vaginismus – Ursachen, Funktion, Auswirkungen & Behandlung
Vaginismus ist eine der häufigsten sexuellen Funktionsstörungen bei Frauen. Man geht davon aus, dass in Deutschland 4 -8 Mio. Frauen davon betroffen sind. In diesem Artikel werden wir die Ursachen, Folgen und Behandlungsmöglichkeiten näher betrachten.
Vaginismus als Diagnose
Einige wichtige Begriffe kurz erklärt:
Vaginismus = unwillkürliche Verkrampfung der Beckenbodenmuskulatur, die die Vagina umgibt
Dyspareunie = Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
Genito-Pelvine Schmerz-Penetrationsstörung (GPSPS) = setzt sich aus den Diagnosen Dyspareunie und Vaginismus zusammen, da es viele Überschneidungen in den Symptomen und der diagnostischen Abgrenzung gibt (eingeführt 2013)
Vulvodynie/Vestibulodynie = ein (länger als 3 Monate) anhaltendes Gefühl des Unbehagens in der Vulva, das meist als Brennen beschrieben wird und ohne sichtbare Schädigung der Vulva oder spezifische neurologische Störung
Fibromyalgie = anhaltenden Schmerzen im Bereich der Muskeln und Sehnenansätze
Im ICD-Code der WHO, einem weltweit anerkannten System, mit dem Krankheiten und Gesundheitsprobleme einheitlich benannt werden, wird Vaginismus beschreiben als „Spasmus der die Vagina umgebenden Beckenbodenmuskulatur, wodurch der Introitus vaginae (Eingang zur Vagina) verschlossen wird. Die Immission des Penis ist unmöglich oder schmerzhaft.“.
Nichtorganischer Vaginismus ist also per Definition eine Verkrampfung der Beckenbodenmuskeln, die die Vagina umgeben und umfasst alles, was penetrativen Sex verhindern kann und eine psychosomatische Ursache hat. Der Scheideneingang wird durch die angespannten Muskeln verschlossen und das Einführen ist nur unter Schmerzen oder gar nicht möglich. Weitere Folgen können sein, dass bestimmte Untersuchungen, wie beispielsweise die Krebsvorsorge beim Frauenarzt, nicht durchgeführt werden können oder das Einführen von Tampons nicht möglich ist.
Es gibt aber keine körperliche Ursache für die Muskelkontraktionen beim Vaginismus. Die Scheide könnte sich weit genug dehnen, um den Kopf eines Babys hindurchzulassen. Daher liegen die Ursachen des Vaginismus in der Verbindung von psychologischen und somatischen (körperlichen) Prozessen. Der Verlauf ist meist chronisch, d..h. ohne Intervention bleibt der Vaginismus bestehen.
Erfahrung und Konditionierung
Es wird angenommen, dass der Körper als Reflex vor erwarteten Schmerz sich mit dem Vaginismus zu schützen versucht. Diese Schutzreaktion wird häufig durch negative Erfahrungen ausgelöst. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Konditionierung, d.h. eine Reaktion wird an einen bestimmten Reiz gekoppelt.
Ein bekanntes Beispiel ist der Hund von Pawlow, der nach entsprechender Konditionierung allein auf den Klang einer Glocke mit Speichelfluss reagierte. Genauso versucht sich der Körper mit der Verkrampfung vor dem erwarteten Schmerz oder der empfundenen Gefahr durch das Einführen zu schützen.
So entsteht bei Vaginismus ein Teufelskreis, da eine Entspannung der betroffenen Beckenbodenmuskeln durch die vorherrschenden negativen Gedanken und Gefühle verhindert wird. Das kann wiederum zu erneuten schmerzhaften Erlebnissen führen, was die negativen Gedanken und Ängste verstärkt. Das kann auch weitere Begleiterscheinungen wie verringerte vaginale Lubrikation (reduzierte Produktion von Scheidenflüssigkeit) nach sich ziehen.
Die erwarteten Bedrohungen
Es gibt eine Reihe von Ereignissen, die von betroffenen Frauen als bedrohlich interpretiert werden können. Sex kann als gefahrvoll wahrgenommen werden, wenn Angst vor einer schmerzhaften Geburt besteht. Traumata oder negative sexuelle Erfahrungen wie Gewalt oder Ekel sind schlimme Erfahrungen, vor denen sich der Körper schützen möchte. Schmerzhafte gynäkologische Untersuchungen können ebenfalls zu den auslösenden Erlebnissen zählen.
Es muss aber nicht einmal die eigene Erfahrung sein. Manchmal reicht es bereits, über schmerzhafte Erfahrungen gehört oder gelesen zu haben. Freundinnen erzählen von ihrem schmerzhaften erst Mal oder man sieht ein Video, in dem darüber berichtet wird. Vor diesen tatsächlichen oder erwarteten Erfahrungen versucht sich der Körper durch eine Verkrampfung der Beckenbodenmuskeln, also Vaginismus, zu schützen.
Die eigene Erziehung oder ungünstige Kommunikation in der Familie während des Heranwachsens können ebenfalls Risikofaktoren sein, da sie Auswirkungen darauf haben, wie man später seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse kommuniziert. Eine konservative und strikte Erziehung oder einschränkende moralische Werte können ebenfalls Vaginismus begünstigen.
Auswirkungen auf das sexuelle Selbstbild
Die schmerzbezogenen Gedanken zur Penetration können ein negatives Selbstbild in Bezug auf die eigene Sexualität und darüber hinaus erzeugen. Für Frauen in einer Partnerschaft kann das zur Folge haben, dass unter Umständen der Verdacht auf eine genitale Inkompatibilität entsteht. Man nimmt an, dass die Scheide ist zu klein für den Penis, das Tampon oder das Diagnoseinstrument ist. Und da dieses Thema vielen unbekannt ist, wird aus Angst vor Stigmatisierung und Schamgefühlen nur sehr wenig darüber geredet. Das erschwert ein gemeinsames Verständnis zwischen Betroffener und Partner:in über Ursachen, Auswirkungen und Lösungen.
Dabei sind, wie immer, offene und ehrliche Gespräche der erste Schritt hin zu einem verständnisvollen Umgang und einer späteren erfüllten und lustvollen Sexualität.
Was tun? Behandlung und Therapie
Da es sich bei nichtorganischem Vaginismus nicht um eine körperliche Erkrankung handelt, kann eine mögliche Behandlung durch Psychoedukation und begleitende Therapien erfolgen, um mögliche Probleme und Vorfälle aus der Vergangenheit aufzuarbeiten. Schrittweise soll mit Entspannungs-, Wahrnehmungs- und Beckenbodenübungen der Weg geebnet werden, um mit dem Vaginaltraining zu beginnen können. Dabei kommen Dilatoren zum Einsatz, die eine schrittweise und nachhaltige Gewöhnung an die Penetration ermöglichen.
Es geht beim Vaginaltraining nicht darum, die Scheide zu dehnen. Vielmehr sollen die Dilatoren nach und nach die Angst nehmen, etwas einzuführen, da die Geschwindigkeit und der Einsatz der unterschiedlichen Größen selbst bestimmt werden können. Der Körper erhält so die Zeit und Möglichkeit, die erlernten Reflexe durch die im Prozess gesammelten Erfolgserlebnisse abzulegen.
Die Trainingsgeräte: Vaginaldilatoren
Folgende Faktoren spielen bei der Wahl des Dilatoren-Sets eine wichtige Rolle: Oberfläche, Material, Größen und Handhabung.
Ein hartes Material kann sicherlich auf den ersten Blick abschreckend wirken und eine Ablehnung hervorrufen. Die Angst davor sich etwas Hartes einzuführen, wenn man sowieso bei der kleinsten Annäherung verkrampft, ist eine absolut nachvollziehbare Reaktion. Zumal wenn in der Vergangenheit vielleicht genau das die Ursache für den Vaginismus war. Dennoch ist das Material gar nicht schlimm und sogar von großem Nutzen, wenn man die Vorteile für das Vaginaltraining kennt.
Amielle Comfort bietet einige Vorteile gegenüber Dilatoren aus Silikon. Die schlankeren Dilatoren als Silikon sind kürzer, weil Silikon weich ist und sich bei diesem Durchmesser verbiegt. Doch gerade die dünneren Dilatoren sind zu Beginn besonders wichtig, da man die stabilen schlanken Dilatoren einfach tiefer einführen kann. So ist eine optimale Vorbereitung des Vaginalbereichs möglich und es wird die Basis für die nächsten Schritte mit größeren Durchmessern gelegt. Das härtere Material gewährleistet zudem den selbstgewählten und angenehmen Druck gegen die Scheidenwand, um diese sanft zu desensibilisieren und ungewollte Verkrampfungen zu verhindern.
Die zur Verfügung stehenden Größen (Längen und Durchmesser) sollten anatomisch und psychologisch sinnvoll aufeinander abgestimmt sein. Durch die Zusammenarbeit bei der Entwicklung mit erfahrenen Sexualtherapeuten kann dies gewährleistet werden.
Eine möglichst glatte Oberfläche in Verbindung mit einem Gleitgel sorgt dafür, dass das Einführen ohne Reibung erfolgt und der Dilator sanft in die Scheide gleiten kann. Außerdem lässt sich eine Oberfläche aus hartem Material leicht reinigen.
Der Vorgang des Einführens kann erschwert werden, wenn sich die Dilatoren nicht richtig greifen lassen oder man Mühe hat, ihn in die Vagina zu manövrieren, weil man sich nicht weitgenug nach vorne beugen kann. Da sich auf den Händen unter Umständen noch Rückstände des Gleitgels befinden kann, erleichtert ein rutschfester Griff das kontrollierte gleichmäßige Einführen in die gewünschte Richtung. Das Vaginaltraining kann gut in der geschützten Umgebung des eigenen zu Hauses durchgeführt werden.
Mehr Informationen zum Einsatz von Vaginaldilatoren finden Sie in unserem FAQ Bereich.
Ein neuer Behandlungsanstz
Die Behandlung von Vagininsmus und das Vaginaltraining sollten durch Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen begleitet werden. Eine neue innovative Lösung stellt HelloBetter mit dem umfassenden Online-Therapieprogramm Vaginismus Plus vor. Vaginismus Plus ist das einzige in Deutschland als DiGA (digitale Gesundheitsanwendung) verfügbare Angebot zur Bewältigung von Vaginismus und wird von den Krankenkassen erstattet. Das Programm kann an jedem Endgerät wie PC, Laptop, Handy, Tablet oder Smart TV abgespielt werden. Eine persönliche Begleitung durch Psychologinnen aus dem HelloBetter-Team sorgt dafür, dass der Behandlungsfortschritt und aufkommende Fragen oder Probleme besporchen werden können.
Ausführlichere Informationen dazu finden Sie in unseren Blog-Beitrag „Eine neue Perspektive in der Behandlung von Vaginismus: Amielle® Comfort und HelloBetter Vaginismus Plus“. Dort stellen wir Ihnen diesen neuen Ansatz vor, der das Potenzial hat, das Leben von Frauen mit Vaginismus nachhaltig zu verbessern.
Unbehandelt verschwindet Vaginismus nur in den seltensten Fällen von selbst. Die Behandlung erfordert etwas Geduld und Vertrauen in eine kompetente Begleitung. Dann ist er sehr gut behandelbar, selbst bei langjähriger Dauer.
Haben Sie weitere Fragen? Schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an: de.info@owenmumford.com oder rufen Sie uns an: 06026 / 97750
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